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Tag 22 - Die letzte grosse Scharte

Samstag (11.8.07)

Rifugio Bruto Carestiato -> Rif. Pramperet -> Rif. Pian de Fontana
Blick in's Tal
Ein kleiner Weg, der sich Richtung Venedig schlaengelt
Wenn ich heimkomme, brauche ich erst mal neue Kiee. Vorher gehe ich aber noch fluchs nach Venedig - egal ob auf kaputten Knieen oder auf blutigen Stumpen!!! Da es gestern noch nen extra Liter Wein fuer uns gab, fiel uns das Aufstehen etwas schwer. Gestern stellte ich den Wecker auf 7 Uhr. Warum ich das tat, ist mir bis jetzt schleierhaft. 1,5 Liter vino und dann frueh aufstehen?!? Der Wecker wurde erst mal auf eine Stunde spaeter gestellt. Das Aufstehen fiel immer noch schwer. Dafuer konnte ich gut schlafen, nicht nur weil ich "etwas" angetrunken war. Die Huette verbreitete einfach ein richtig angenehmes Gefuehl. Das Fruehstueck erfuellte meine Erwartungen auch voll und ganz. Dann gings zum Bezahlen und die Ueberraschung war perfekt. Das Cola, das ich zum Fruehstueck bestellte, ging aufs Haus und ein Liter Wein war schon bei der Halbpension dabei. Einen Vergleich zur Tissihuette fange ich erst gar nicht an...

Wieder mal habe ich keine Ahnung, was das ist
Gut gestaerkt starteten wir und ich watete schon nach den ersten Minuten im Dreck. Und schwupps lag ich auch schon im Matsch. Mein erster Sturz auf der Muenchen-Venedig Tour. Nicht auf Geroell, nicht auf schwierigem Gelaender sondern einfach nur wegen Matsch. Egal - weiter gings zur ersten Cola-Tanke "Rifugio Cesare Tome", bei der ich mich auch des neuerworbenen Drecks entledigen konnte. Jetzt stand ich vor einer Autobahnstrecke. Laut Beschilderung sollte es einen Weg links neben der Strasse geben, den ich aber nicht finden konnte und mich letztendlich wieder in einem Matschtuempel wiederfand.
Die kleine, feine, schoen abgelegene Huette Pramperet
"Nicht schon wieder" dachte ich und beschloss nun doch, auf der Strasse die vielleicht 2 km zurueck zu legen. Dann zweigte der Weg endlich wieder von der Autobahn zum "Alta Via 1" ab und wieder befand ich mich in einem Maerchenland. Wilde Wege, Felsen und Berge wie abstrakte Kunst, die Natur in all ihrer Vielfalt und natuerlich das Wichtigste: Weg von der Autobahn. Die Duracell-Sprech-Dame aus der Tutzinger Huette - mittlerweile scheint mir das Jahre her zu sein - meinte damals, dass bei ihr Schlangenwarnschilder (im Hochsommer 2004) aufgestellt wurden. So wandelte ich auf dem Pfad mit einem Wanderstock bewaffnet weiter. Und schwupps, lag ich schon wieder flach. Statt auf den Weg zu schauen, hielt ich Ausschau nach Schlangen. Ob sich das rentiert?
Blick zurueck zur Scharte
Kein Schlangenbiss und dafuer den Abhang hinunterpurzeln? Bei der naechsten Pausenstelle bei der Malga Moschensin packte ich den Stecken wieder ein. Kurz darauf kamen 5 Maenner zur Traenke, stellten erst mal ihre paar Flaschen vino darin kalt, einer riss sich die erste Dose Bier auf, der andere rauchte gemuetlich eine und die anderen beiden besorgten Feuerholz, dass sogleich in ein kleines Lagerfeuer verwandelt wurde. Offenbar handelte es sich bei den Leuten um Foerster. Sie hatten sogar eine Hand- und Kettensaege dabei.
Oben auf dem Grat ist auch was herumgeschneckelt. Dass hier oben etwas leben kann, ist schon fast ein Wunder
Am liebsten waere ich noch bei denen geblieben aber es hilft ja nix, ich muss noch nach Venedig. Mittlerweile stehe ich so gut wie davor. Heute ist der schwerste Teil vor Venedig, der noch zu bewaeltigen ist. Dann wird alles leichter. Also noch etwas hoch, vorbei an einem alten Gebaeude, runter, hoch, runter und schon stand ich vor der naechsten Tankstelle: Rif. Pramperet. Eine Huette, die mitten im Nirgendwo stand, richtig gemuetlich war und sogar Verguenstigungen auf Lebensmittel bei einer DAV-Mitgliedschaft hatte. Dann zog es in der Scharte zu, die wir heute noch zu durchschreiten hatten und es nieselte auch leicht. Naja, hier gefiel es mir auch ganz gut. Nach einer halben Stunde reisste es dann doch auf und die letzten Hoehenmeter wurden mehr aechzend als angenehm erklommen. Oben angekommen ergab sich mal wieder der mir mittlerweile bekannte Wahnsinns Ausblick! 50 Meter Sicht - toll, grandios, fabelhaft! Hat sich rentiert, doch noch aufzusteigen. Egal - Hauptsache der Anstieg ist hinter mir. Die naechsten Meter des Weges verliefen entlang eines Grates, von dem man sicher eine schoene Aussicht haette, aber dieser Nebel...

Ein Gestein wie es eigentlich nur von Menschenhand sein kann
Rif. Pian de Fontana - die coolste Huette der ganzen Tour
Dann kam der letzte Abstieg fuer heute, bei dem sich auch ein Steinbock zeigte, aber sogleich auch verschwand. Die mittlerweile gut bekannten Murmeltiere zeigten sich auch wieder und dann ging der Kiebrecherweg an: Mit einem Gestein wie gerade geschmolzen und in herrlich elliptischen Bahnen wieder erstarrt, sowie einer abartigen Steigung spuerte ich das erste Mal auf der Tour, dass ich nicht nur eines sondern tatsaechlich zwei Kniegelenke besass. Ein Ziel war auch nicht in Sicht. Erst 100 Meter vor der Huette (Hoehenmeter!) tauchte diese kurz auf und verschwand sogleich wieder in dem aussichtsraubenden Schwall von weissem "Dreck". Aber die Huette war gleich erreicht, das Lager bezogen, das Ofenfeuer wurde angeheizt. Die Huette ist anscheinend wieder Schweine gemuetlich. Das Essen war spitzenklasse. Das Gulasch war so zart, die Spaghetties schmeckten prima und fuer Kuchen wurde auch noch ein Plaetzchen im Magen freigeraeumt. Die Huettenleute waren auch freundlich, inklusive Wirt. Der Wein floss auch wieder in Stroemen, jedoch nicht so viel wie gestern :-). Mittlerweile ist mir nur noch wichtig, heil anzukommen, gutes Essen und sueffigen Wein zu bekommen. Die Tour koennte eigentlich nie enden, wenn nicht die Kniee so schmerzen wuerden und das Geld nicht zur Neige gehen wuerde. 7 Tagesetappen sind noch zu schaffen!